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aus der Welt der Jurisprudenz

OGH vom 17. 9. 2014, 6 Ob 118/14t

 

Durch die Aufnahme eines Studiums wird der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes solange hinausgeschoben, wie die durchschnittliche Dauer dieses Studiums beträgt. Auch während dieses Zeitraumes hat das Kind aber nur Anspruch auf Unterhalt, wenn es das Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinn des § 2 Abs 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz idF BGBl 1992/311 betreibt (RS0083694).

Dies bedeutet aber nicht, dass die Zielstrebigkeit bis zum Ablauf der durchschnittlichen Abschnittsdauer automatisch zu bejahen ist. Eine laufende Überprüfung ist gerade bei länger dauernden Abschnitten (hier: Regeldauer von sechs Semestern) nicht ausgeschlossen.

OGH vom 9. 10. 2014,6 Ob 160/14v 

In diesem Sinne entschied der OGH in einem Fall, in welchem die allein obsorgeberechtigte Kindesmutter die Wohnsitzverlegung in die USA plante.

Maßnahmen nach § 107 Abs 3 AußStrG setzen (nur) die Erforderlichkeit, aber keine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 181 Abs 1 ABGB voraus (RS0129700).

Das Ausreiseverbot darf jedoch nur bei objektiven Anhaltspunkten für eine geplante Mitnahme des Kindes ins Ausland durch einen Elternteil und nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit (des Eingriffs in das Privatleben im Hinblick auf die beabsichtigte Förderung der Kindesinteressen) angeordnet werden (RS0129701).

In diesem Sinne hat erst kürzlich das Landesgericht Wiener Neustadt (nicht rechtskräftig!) entschieden, da es das Verhalten der Kindesmutter als rechtswidriges und schuldhaft eingestuft hat.

Das Landesgericht Wiener Neustadt nimmt in seiner Entscheidung Bezug auf eine Entscheidung des OGH, in welcher Schadenersatzansprüche des Kindesvaters in einer bestimmten (mit der im aktuellen Fall nicht vergleichbaren) Konstellation nicht von vornherein ausgeschlossen werden können (OGH vom 12.4.2011, 4 Ob 8/11x).

OGH 23. 7. 2014, 8Ob 61/14z

 

Der OGH entscheidet erstmals, dass der Beschluss, mit dem die Familiengerichtshilfe gem. § 106b AußStrG als Besuchsmittlerin eingesetzt wird, selbstständig anfechtbar ist.

 

Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Aufgaben des Besuchsmittlers über die bloße Stoffsammlung hinausgehen. Es handelt sich daher beim Einsetzungsbeschluss um keinen verfahrensleitenden Beschluss iSd § 45 S 2 AußStrG.

OGH 25. 6. 2014, 9Ob 27/14g

 

Ab dem Zeitpunkt, ab dem ein Exekutionsverfahren über den identen Anspruch anhängig ist, kann nur mehr die Oppositionsklage zur Feststellung des Erlöschens oder der Hemmung des (Unterhalts-)Anspruchs erhoben werden. Durch das anhängige Exekutionsverfahren kommt es zu einer Änderung des Rechtswegs und ist die Einbringung eines Unterhaltsherabsetzungsantrages bzw. eines Unterhaltsenthebungsantrags im Außerstreitverfahren unzulässig (RIS-JustizRS0129496).

OGH 10. 4. 2014, 6Ob 18/14m

 

Die Eltern der Minderjährigen sind auch nach der Scheidung beide mit der Obsorge betraut. Die Tochter wurde durch eine Attacke des Hundes der neuen Lebensgefährtin des Kindesvaters verletzt. Der Kindesvater verweigerte seine Zustimmung zur Erhebung einer Schadenersatzklage.

 

Der OGH entschied: Kommt die Obsorge beiden Elternteilen zu und ist ein Elternteil infolge Interessenkollision von der Vertretung der Minderjährigen ausgeschlossen, so verliert der von der Kollision betroffene Elternteil auch sein Zustimmungsrecht nach § 167 Abs 2 und 3 ABGB, ohne dass es der Bestellung eines Kollisionskurators bedarf (RIS-Justiz RS0129391). Eine gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung ist nicht erforderlich.

OGH vom 24.4.2014, 1 Ob 56/14p 

 

Die unterhaltsberechtigte Ehefrau ging nach dem Auszug des Ehemannes (Zerrüttungszeitpunkt) während aufrechter Ehe eine Lebensgemeinschaft ein. Der Ehemann stellte daraufhin seine Unterhaltszahlungen ein und begründete dies damit, dass mit Beginn der Beziehung nicht nur Ruhen des Anspruchs einträte, sondern sogar dessen Verwirkung vorläge.

 

Der OGH stellte nunmehr klar, dass nur der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten bei Eingehung einer Beziehung ruhen kann. Dadurch soll die Besserstellung eines in Lebensgemeinschaft lebenden Geschiedenen gegenüber einem Wiederverheirateten verhindert werden (RIS-Justiz RS0047108 [T7, T10]). Eine solche Besserstellungsgefahr besteht bei aufrechter Ehe nicht.

 

Eine Verwirkung des Ehegattenunterhaltes nach § 94 ABGB liegt nur dann vor, wenn die Geltendmachung einen Rechtsmissbrauch darstellen würde. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Unterhaltsberechtigte weiterhin Unterhalt fordert, obwohl der Unterhaltsbedarf durch Zuwendungen des Lebensgefährten ohnehin gedeckt wird.

 

 

Eine solche Deckung lag in diesem Fall nicht vor, weswegen der Ehemann weiterhin zur Unterhaltszahlung verpflichtet ist.

 

OGH vom 26.2.2014, 7 Ob 16/14z

 

Grundsätzlich zählen zur Unterhaltsbemessungsgrundlage alle tatsächlich erzielten Einnahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann (RIS‑Justiz RS0107262).

 

Der OGH hielt in der aktuellen Entscheidung fest, dass bei der Berechnung des Kindesunterhaltes für vergangene Zeiten auch rechtswidrige Einkünfte des Unterhaltspflichtigen (hier: Einnahmen eines Zuhälters) zu berücksichtigen sind.

 

Diese rechtswidrigen Einnahmen erhöhen somit die Unterhaltsbemessungsgrundlage, sofern die Leistungen vom Opfer nicht tatsächlich zurückgefordert oder in einem anhängigen Strafverfahren tatsächlich für verfallen erklärt wurden.

 

 

Eine Anspannung auf die bisher erzielten rechtswidrigen Einnahmen für die Bemessung des laufenden Kindesunterhaltes findet jedoch nicht statt. Eine derartige Anspannung wäre mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht in Einklang zu bringen (RIS-Justiz RS0128825: keine Anspannung auf ein Einkommen aus illegaler Beschäftigung [Schwarzarbeit]).

 

OGH vom 19.3.2014, 3 Ob 241/13g 

 

Der Unterhaltsanspruch ruht während der Lebensgemeinschaft. Darunter wird eine auf gewisse Dauer angelegte eheähnliche Beziehung verstanden.

 

Maßgeblich sind die Faktoren Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft, wobei nicht immer alle Elemente vorhanden sein müssen.

 

Die Geschlechtsgemeinschaft verliert bspw. bei älteren Personen bzw. im Fall eines schlechten Gesundheitszustandes eines Partners an Bedeutung. (Ris-Justiz RS0047017)

 

Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist auch von einer zwischenmenschlichen Komponente geprägt und kann z.B. darin liegen, dass der eine Partner bis zum Tod des anderen unentgeltlich seine Pflege übernommen hat. 

 

Eine Wohngemeinschaft liegt vor, wenn die Lebensgefährten tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt ist (nicht aber bei fallweisen gemeinsamen Übernachtungen in unregelmäßigen Abständen).

 

 

OGH vom 29.11.2013 (LINK)

 
Das Erstgericht stellte fest, dass den ehebrechenden Ehemann das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe. Dem Ehemann konnte seine Affäre mittels einer Abschrift von Tonbandaufnahmen aus dessen Dienstzimmer nachgewiesen werden.
 
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung teilweise dahin ab, dass dem Ehemann zwar das überwiegende Verschulden, der Ehefrau jedoch ebenfalls ein Verschulden anzulasten ist.
 
Der OGH bestätigte diese Rechtsansicht und begründet dies damit, dass die Tonbandaufnahmen - selbst nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe - schutzwürdige Interessen des Ehebrechers verletzen. (RIS-Justiz RS 0126889 - LINK
 
Mit dieser Entscheidung wird der Grundsatz, wonach ein Verhalten, das nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung gesetzt wird, mangels Kausalität keinen Scheidungsgrund mehr bilde, durchbrochen.
 
Nach dem Zerrüttungszeitpunkt können daher gegen diese Interessen bzw. Rechte und Pflichten gerichtete Verfehlungen bei der Verschuldensabwägung berücksichtigt werden.