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aus der Welt der Jurisprudenz

Für die 16-jährige Antragstellerin wurde im Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners ein Kollisionskurator (Jugendwohlfahrtsträger) als Vertreter bestellt. Das Landesgericht Korneuburg entschied, dass der gesetzliche Vertreter dafür zu sorgen hat, dass die Vaterschaft festgestellt wird. Ist das Kind allerdings einsichts- und urteilsfähig, was bei mündigen Minderjährigen vermutet wird, ist schon aus diesem Grund die Bestellung eines Kollisionskurators unzulässig (LG St. Pölten, 23 R 7/16a).

Ausgangslage

Wenn beide getrennt lebenden Elternteile obsorgeberechtigt sind, muss nach der geltenden Rechtslage ein Haushalt festgelegt werden, in dem das Kind hauptsächlich betreut wird.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beantragte beim Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung aufzuheben, da das Gesetz die „Doppelresidenz“ (zeitlich gleichteilige Betreuung) ausschließen würde und daher verfassungswidrig sei.

Entscheidung des VfGH vom 9.10.2015

Der Antrag des Landesgerichtes für ZRS Wien, diese Bestimmung aufzuheben, wurde abgewiesen.

Die Bestimmung eines Hauptbetreuungsorts ist zulässig, weil dem Kind dadurch Klarheit und Sicherheit verschafft wird.

Eine "Doppelresidenz" soll in den Fällen möglich sein, in denen das Kind bis zur Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft tatsächlich zu annähernd gleichen Teilen von beiden Elternteilen betreut wurde und eine fortgesetzte zeitliche gleichteilige Betreuung dem Kindeswohl am besten entsprechen würde

Link

Presseinformation des VfGH vom 23.10.2015

Entscheidungstext des VfGH vom 9.10.2015

 

Im Blog-Beitrag vom 18.9.2015 wurde berichtet, dass - in Folge der Entscheidung des OGH vom 30.7.2015 - die obsorgeberechtigte Kindesmutter dem Kindesvater keinen Schadenersatz zu bezahlen hat.

"Die Presse" befasst sich nun in ihrem Artikel vom 20.9.2015 mit dieser richtungsweisenden Entscheidung des OGH.

 

"Die Presse.com vom 20.9.2015"

OGH vom 30.7.2015, 10 Ob 27/15s

Die Vorinstanzen haben die Mutter zu beträchtlichen Schadenersatzzahlungen an den Vater verpflichtet (Blog-Beitrag vom 13.10.2014). Diese Urteile wurden vom OGH mit richtungsweisender Entscheidung vom 30.7.2015 zur Gänze abgeändert! 

Die Mutter verweigerte zwar dem Vater den Kontakt zu seinem Sohn, setzte aber keine aktiven Handlungen, die zur Gefährdung des Kindeswohls geführt hätten.

Die Widersetzung der Mutter gegen die (zahlreichen) Kontaktsrechtsanträge des Vaters führt nicht zu Schadenersatzansprüchen

Wenn sich die Mutter den Anträgen des Vaters mit den von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mitteln widersetzt, handelt sie auch nicht rechtsmissbräuchlich (und damit rechtswidrig).

Dr. Andrea Wukovits referiert in der Ausgabe

des Kuriers vom 17.4.2015 über

den Leidensdruck ihrer Klientinnen.

 

 

 

 

Link zum Artikel

Das Wirtschaftsmagazin TREND (früher: FORMAT) veröffentlichte im Rahmen des jährlichen Anwaltsrankings die Topadvokaten des Landes.  

Dr. Andrea Wukovits wurde unter die TOP 3 der Kategorie "Topkompetenz im Scheidungs- und Familienrecht" gewählt.

 

 

OGH vom 19.11.2014, 3 Ob 195/14v

Im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung einer Obsorgeentscheidung eines anderen EU-Mitgliedstaats (hier: Italien) ist der Anerkennungsstaat (hier: Österreich) nicht an die Angaben gebunden, die in der Bescheinigung nach Art 23 lit b Brüssel IIa-VO enthalten sind. 

 

Die sogenannte „Bescheinigung“ wird vom Ursprungsgericht (Italien) ausgestellt und ist (ua.) bei der Anerkennung der ausländischen Entscheidung (in Ö) erforderlich. Die österreichischen Gerichte können die italienischen Angaben in der „Bescheinigung“ nachprüfen und Beweise eigenständig beurteilen.

 

Nach der Brüssel IIa-VO liegt ein Anerkennungsversagungsgrund vor, wenn im Obsorgeverfahren das Kind nicht gehört wurde und dadurch wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze des Anerkennungsstaats verletzt sind. Das Gehör ist nach dem Recht des Anerkennungsstaats (Österreich) zu beurteilen. 

 

Nach österreichischem Recht kommt dem ernsthaften Wunsch eines verständnisfähigen Kindes, bei einem Elternteil zu leben, im Obsorgeverfahren erhebliche Bedeutung zu. Ab dem 12. Lebensjahr ist diesbezüglich eine ausreichende Urteilsfähigkeit anzunehmen. Das Kind ist daher anzuhören!

 

Im vorliegenden Sachverhalt wurde der betroffene 12-jährige im Zuge des italienischen Obsorgeverfahrens nicht angehört bzw. befragt.

 

Dies stellte einen Anerkennungsversagungsgrund dar.

OGH vom 22.10.2014, 1 Ob 135/14f 

 
Im Fall des Verzugs mit Geldunterhaltsleistungen stehen dem Unterhaltsberechtigten ab Fälligkeit gesetzliche Verzugszinsen zu. Die Fälligkeit des Kindesunterhalts setzt keine an den Unterhaltsschuldner gerichtete außergerichtliche Zahlungsaufforderung voraus.
 
Für den Kindesunterhalt gilt, dass Verzugszinsen auch für den Fall einer (vom Antragstag aus betrachteten) rückwirkenden Unterhaltserhöhung gefordert werden können.
 
 
 
Der Verzugszinsenanspruch eines Minderjährigen ist (auch selbstständig) im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen.

OGH vom 25.11.2014, 10 Ob 68/14v

Die internationale Zuständigkeit geht gem Art 5 Abs 2 KSÜ mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in einen anderen Vertragsstaat (im vorliegenden Fall Uruguay) auf den neuen Aufenthaltsstaat über. Dies gilt auch dann, wenn im bisherigen Aufenthaltsstaat bereits ein Verfahren  anhängig ist.

 

Ein widerrechtliches Verbringen iSd Art 7 KSÜ - und damit eine Fortdauer der Zuständigkeit der österreichischen Gerichte - war im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, weil die Mutter zum Zeitpunkt der Auswanderung allein obsorgeberechtigt war.

 

Erließ das Erstgericht eine Schutzmaßnahme obwohl im Entscheidungszeitpunkt die internationale Zuständigkeit durch den Umzug bereits weggefallen war, ist diese Entscheidung amtswegig als nichtig aufzuheben.